Kroatische Waffen für die Rebellen, USA wollen Dialog in Syrien ebnen, aber auch Rebellen unterstützen, Video zeigt syrisch-iranischen Gefangenenaustausch – Netzschau 27. Februar

Eine gute Nachricht gleich zu Beginn: Proteste in Syrien haben noch Schwung! Den Beweis findet man in diesem Video, das den gestrigen Schülerprotest im südsyrischen Suwaida zeigt. Die Schüler rufen u.a. den Slogan „Das syrische Volk ist eins“ und singen Revolutionslieder. Damit zeigt die Stadt erneut, dass sie nicht stummer Zuschauer der Revolution ist. Adopt […]

Eine gute Nachricht gleich zu Beginn: Proteste in Syrien haben noch Schwung! Den Beweis findet man in diesem Video, das den gestrigen Schülerprotest im südsyrischen Suwaida zeigt. Die Schüler rufen u.a. den Slogan „Das syrische Volk ist eins“ und singen Revolutionslieder. Damit zeigt die Stadt erneut, dass sie nicht stummer Zuschauer der Revolution ist. Adopt a Revolution unterstützt das lokale Komitee, dessen aktueller Bericht gerade erschien.

Laut einem Bericht der New York Times haben die syrischen Rebellen seit Dezember 2012 große Mengen an Waffen und Munition aus Kroatien erhalten. Die anhaltenden Erfolge der Rebellen im Winter gehen vermutlich auf die neue Waffenstärke zurück. Gesponsert von Saudi-Arabien, gelangen die Waffen anscheinend über Jordanien nach Syrien. Jordanische Flieger hätten bereits mehrere Flugladungen aus Kroatien abgeholt. Die Rolle der USA im Waffendeal ist nicht klar, vermutlich haben die Lieferungen aber ihre Zustimmung erhalten. Die Waffenlieferungen stellen damit einen westlichen Politikwechsel dar. Einerseits soll so der anhaltende Waffenzustrom an das syrische Regime durch Iran kompensiert werden und zweitens sollen die national-säkularen Gruppen der Rebellen gegenüber den bestens ausgestatteten Jihadisten gestärkt werden. Der verdeckte Waffenhandel lässt die USA offiziell das Gesicht wahren. Bislang bestanden sie darauf, nur humanitäre und logistische Hilfe an die Opposition zu leisten.

Fraglich ist allerdings, warum ausgerechnet Saudi Arabien nun die säkularen Milizen stärken will. Der Blogger Farid Ghadry diskutiert zwei weitere Möglichkeiten zur Herkunft der Waffen. Entweder habe die Obama-Administration ihre Strategie geändert oder es könne sich um eine jordanisch-israelische Operation handeln. Dafür dass die USA nun doch die Rebellen ausrüsten, sprechen die jüngsten Funde des Militärexperten und Bloggers Elliot Higgins, der amerikanische Panzerabwehrraketen auf Rebellenseite gesichtet hat.

Wie die ZEIT berichtet, prüfen die USA derzeit auch offiziell eine militärische Unterstützung der syrischen Rebellen. Direkte Waffenlieferungen seien in diesen Erwägungen weiter außen vor, es gehe um Schutzwesten, Panzerfahrzeuge und militärisches Training für die Rebellen. Der neue US-Außenminister John Kerry ist derweil auf Antrittsreise in Europa unterwegs und Syrien stets Thema, wie dw schreibt. Ein Erfolg bislang: Am morgigen Treffen der „Freunde Syriens“ in Rom nimmt nach einer ersten Absage die Nationale Koalition von Moaz al-Khatib doch teil. Kerry und sein britischer Kollege Hague hatten al-Khatib mit der Aussicht auf neue Hilfen zur Teilnahme bewegt.

Gestern traf sich Kerry in Berlin mit dem russischen Außenminister Lawrow. Beide kamen laut SZ überein, dass Gespräche zwischen Regime und Opposition zustande kommen sollen. Nicht erläutert wurde, wie diese realisiert werden können. Lawrow forderte die Opposition auf, Chefunterhändler zu ernennen und auf das Dialogangebot des Regimes – welches zuletzt der syrische Außenminister al-Muallem in Moskau machte – einzugehen. Wirklich konkret klingt die russisch-amerikanische Initiative nicht. Die zeitgleiche Überlegung, militärische Hilfe an die Rebellen zu leisten, lässt wenig Hoffnung für einen Dialog auf Seiten der USA erkennen.

Laut SPIEGEL spricht Human Rights Watch derweil von einer „Eskalation der Tötungstaktik“ durch das Regime, da dieses gezielt Rebellengebiete mit ballistischen Raketen (Scuds) beschießt. Zwar seien keine Spuren von Scuds gefunden worden, die Indizienlage spreche aber deutlich für einen solchen Einsatz. Allein letzte Woche sollen 141 Menschen durch Raketenbeschuss umgekommen sein, die Hälfte davon Kinder. Ein Angriff auf rein zivile Gebiete wäre rechtswidrig.

Der Gefangenenaustausch von 43 Iranern gegen mehr als 2000 Syrer, der im Januar 2013 stattfand, ist nun in einem 10-minütigen Video anzuschauen. Der Kommentar des Videos ist auf Türkisch. Zu sehen ist, wie die iranischen Geiseln aus einem Vorort von Damaskus abgeholt und zur zentralen Polizeistelle gebracht werden. Auf der Strecke sind die Kriegsschäden ersichtlich. Unter den Regimehäftlingen sind auch viele Frauen, Minderjährige und Alte. Viele Freigelassene zeigen Spuren von körperlicher Folter und Erschöpfung. Besonders erschreckend zudem: Die Männer werden während ihrer Freilassung von Offiziellen gezwungen, Assad mit Rufen wie „Mit Blut und Seele verteidigen wir dich Baschar“ zu glorifizieren (ab 08:50), und somit nochmals gedemütigt.

Mit der schwierigen Beziehung von Libanesen und Syrern beschäftigt sich Jasmine Roman für Your Middle East. Der Blick vieler Libanesen auf Syrer ist abschätzig, v.a. geprägt durch Syriens militärische Intervention im Libanon. Durch die hohe Anzahl von Flüchtlingen bestehen Sorgen, der Konflikt könne auf Libanon übergreifen oder die Wirtschaft Schaden nehmen. Gerade Flüchtlinge der Elite kurbeln aber eher die Wirtschaft an. Die Verflechtung beider Länder bleibt auch durch neue (il)legale Wirtschaftsströme bestehen. Einige libanesische Politiker geben den Flüchtlingen die Schuld an infrastrukturellem Mangel und wirtschaftlicher Not. Junge Libanesen konterten jedoch den Versuch, die Inkompetenz der Regierung durch Sündenböcke zu kaschieren. Die Autorin meint, solche Initiativen seien wichtig, um Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen zu verhindern.

Die syrisch-amerikanische Autorin Amal Hanano berichtet in ihrem Blog über den syrischen Bürgerjournalisten Mohamed Masalmeh aus Daraa. Er war seit Beginn der Revolution als Teil des Sham News Network (SNN) an der Dokumentation der Ereignisse in der Provinz Daraa beteiligt. Seit letztem Jahr berichtete er als Mohamed al-Hourani auch für Al-Jazeera. Am 18. Januar wurde Masalmeh während Dreharbeiten für Jazeera tödlich verletzt.


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