Studie: »Geplanter Wiederaufbau Syriens zementiert Vertreibungspolitik«

Studie warnt vor Wiederaufbauhilfen für Syrien unter Assad / Wiederaufbauhilfen drohen Diktatur und Nepotismus zu stärken / Wiederaufbau setzt Frieden voraus und muss Geschädigten zugute kommen

Berlin, 14. Dezember 2018. Im Lauf des seit fast acht Jahren anhaltenden Konflikts in Syrien wurden bisher ein Viertel aller Wohngebäude und die Hälfte aller Krankenhäuser zerstört. Etwa zwei Drittel der SyrerInnen leben in extremer Armut, Millionen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, die Hälfte der Bevölkerung ist auf der Flucht. In Europa wird über Wiederaufbauhilfen für Syrien diskutiert, angesichts der Not eines großen Teils der syrischen Bevölkerung aber auch mit dem Hintergedanken, die Rückführung syrischer Flüchtlinge zu ermöglichen.

Eine aktuelle Studie „Risiko Wiederaufbau“ warnt jedoch eindrücklich vor Wiederaufbauhilfen.Der in Syrien geplante Wiederaufbau zementiert die Vertreibungspolitik des Assad-Regimes“, fasst Christin Lüttich, Geschäftsführerin von Adopt a Revolution, die Ergebnisse der Studie zusammen. „Finanzielle Unterstützung aus dem Ausland – auch über UN-Programme – bedient letztlich die wirtschaftlichen und politischen Interessen des Assad-Regimes und verstärkt die sozioökonomischen Ursachen des seit 2011 bestehenden Konflikts.“

Die Autorinnen und Autoren der Studie, syrische Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, untersuchen die aktuellen Strategien und Interessen der syrischen Politik und zeigen, dass die Pläne zum Wiederaufbau Syriens kaum den über 10 Millionen Vertriebenen und Geflohenen zugute kommen.

Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse fordert die deutsch-syrische Menschenrechtsorganisation Adopt a Revolution die Bundesregierung und die internationale Gemeinschaft auf, folgende Kernforderungen zu übernehmen:

  1. Keine Annäherung an das Assad-Regime
    Solange die Kriegsverbrechen des Assad-Regimes ungesühnt bleiben und dessen schwere Menschenrechtsverletzungen andauern, ist eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Bundesregierung bzw. der EU und dem Assad-Regime nicht vertretbar.
  2. Keine finanziellen Hilfen für Assads Wiederaufbaupläne – auch nicht über die UN
    Die Wiederaufbaupläne des Assad-Regimes dienen allein dessen wirtschaftlichen Eigeninteressen, nicht der notleidenden Bevölkerung. Die Realisierung dieser Pläne darf nicht mit Geldern der EU-Staaten erfolgen – auch nicht über den Umweg von UN-Programmen.
  3. Partizipation der von Obdachlosigkeit und Vertreibung betroffenen Bevölkerung
    Vor einer finanziellen Beteiligung am Wiederaufbau in Syrien müssen nicht nur klar definierte Kriterien eines politischen Übergangs erfüllt sein, der Wiederaufbau muss sich zudem an den Bedürfnissen der Binnenvertriebenen und Geflüchteten orientieren. Diese müssen in einem partizipativen Prozess unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure der Diaspora ermittelt werden.

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Adopt a Revolution unterstützt seit Anfang 2012 die Arbeit der syrischen Zivilgesellschaft und vermittelt hierzulande Informationen aus der syrischen Demokratiebewegung. Unter www.syrien-unterstuetzen.de stellt die Menschenrechtsorganisation aktuelle Entwicklungen aus der syrischen Zivilgesellschaft dar. Zivile Initiativen in Syrien hat Adopt a Revolution bisher mit über einer Millionen Euro aus Kleinspenden finanziell unterstützt.