Patriots für die Türkei, nahender Winter in Syrien verursacht große Not, Eindrücke revolutionärer Städte – Netzschau 23. November 2012

Die heutige Netzschau beginnt mit einem interessanten Video (englisch untertitelt) aus Yabroud, einer Kleinstadt nördlich von Damaskus. Yabroud ist eine multikonfessionelle Stadt, die in ihren Protesten stets gegen Konfessionalismus und für ein geeintes Syrien auftrat. Im Video wird die Neuorganisation der Stadt gezeigt, denn hier ist Assad bereits gefallen. Der Sprecher des Videos erklärt die […]

Die heutige Netzschau beginnt mit einem interessanten Video (englisch untertitelt) aus Yabroud, einer Kleinstadt nördlich von Damaskus. Yabroud ist eine multikonfessionelle Stadt, die in ihren Protesten stets gegen Konfessionalismus und für ein geeintes Syrien auftrat. Im Video wird die Neuorganisation der Stadt gezeigt, denn hier ist Assad bereits gefallen. Der Sprecher des Videos erklärt die Bedeutung der Revolution wie folgt: „For us, revolution is about culture and new ways of thinking, we are not terrorists as the regime claimed!” Das Ende des Videos zeigt Ausschnitte einiger Proteste aus Yabroud.

Ein ganz aktuelles Plakat aus Kafranbel gibt es hier anzuschauen. Heute wartet das Karikaturendorf aus dem Norden Syriens mit einem arabisch-kurdischen Plakat auf, das zweisprachig aussagt: „Ein Schmerz, ein Blut, ein Puls. Freiheit. Ein Volk, ein Schicksal.“

Einen Eindruck aus Deir ez-Zor, der Großstadt am Euphrat an der Grenze zum Irak, vermittelt Razan Ghazzawi in ihrem ARTE-Blog. Sie interviewt den Administrator des Deir Ezzor Press Network (D.P.N.). Dieses Netzwerk verbreitet Nachrichten aus der in den Medien marginalisierten Stadt. Der junge D.P.N.-Aktivist spricht über die Anfänge der Revolution in Deir ez-Zor, die heftige Reaktion des Regimes sowie die Aktivität der FSA seit Juni 2012. Die Stadt leidet derzeit unter einer verschärften Wasserkrise, da das Regime zur Bestrafung die Wasseraufbereitung angriff. Deir ez-Zor verfügt allerdings sogar über einen Satellitenkanal, der aus der Stadt sendet.

International ist wegen des türkischen Antrags bei der NATO auf Stationierung von Patriot-Raketen entlang der türkisch-syrischen Grenze Russland alarmiert. Wie der FOCUS berichtet, warnt der russische Vize-Außenminister Rjabkow in diesem Falle vor einer weiteren Eskalation des Konflikts. Man solle sich lieber um eine politische Lösung bemühen… In Deutschland soll die Abstimmung über die Stationierung Mitte Dezember im Bundestag zur Entscheidung stehen. Für den Antrag wird sich wohl eine Mehrheit finden. Selbst Politiker der SPD und Grünen sind für die Stationierung, auch wenn manche fordern, eine Flugverbotszone dürfe mit den Patriots nicht umgesetzt werden. Laut tagesschau lehnt eine Mehrheit der deutschen Bürger die Stationierung ab.

In seinem Beitrag „Gunning for Damascus“ für die Foreign Policy schreibt Michael Weiss, die Rebellen hätten in Syrien unbeobachtet den Sieg vorbereitet. Er listet militärische Erfolge der letzten Tage auf, die den Rebellen immer mehr die Oberhand geben würden. Der Norden Syriens sei effektiv völlig außerhalb der Kontrolle Assads. Die Einigung der syrischen Opposition in Doha auf die Nationale Koalition sowie die Anerkennung derer als einziger Repräsentant Syriens durch mehrere Staaten – u.a. Großbritannien und Frankreich – sei ein weiteres gutes Zeichen. Allerdings scheuen die USA und EU weiterhin ein aktiveres Engagement in Syrien. Zuletzt meint Weiss, die Patriots in der Türkei könnten die Basis für eine Flugverbotszone bilden, die 40-50 Meilen ins Land hineinreichen könnte.

Die NZZ beschreibt die Schwierigkeiten der Hilfslieferungen nach Syrien. Mit 1,5 Millionen Binnenflüchtlingen und 2,5 Millionen Hilfsbedürftigen sei v.a. aufgrund des nahenden Winters die Not groß. Die Hilfe wird erschwert durch die Politik des Regimes, denn alle Lieferungen müssen staatlich genehmigt werden. Der Syrische Arabische Rote Halbmond (Sarc) ist für die Verteilung die einzig staatliche Stelle. Deren Regimenähe wird jedoch beklagt, so werden Lieferungen oft nach Gusto des Regimes verteilt. Deshalb haben sich „illegale“ Kanäle etabliert, die von der Türkei aus Güter nach Syrien schmuggeln. Erschwert wird die Arbeit aber auch von salafistischen Gruppen. Erfreulicherweise kommt im Artikel eine Aktivistin des Komitees Hama ausführlich zu Wort. Tenor des Artikels: UNO-Schutzzonen könnten das Leid lindern.