Kurz erklärt: Warum kämpft das syrische Regime in Hasakah gegen die kurdische YPG?

Vor einigen Tagen bombardierte das syrische Regime in Hasakah erstmals seit Beginn des Konflikts das kurdisch-kontrollierte Territorium im Norden des Landes. Seitdem halten die Kämpfe am Boden an. Weshalb es dazu kam und warum die Fronten des Konflikts weit komplizierter sind als “Regime gegen Kurden”.

Wer kämpft?

Die Kämpfe sind Ende letzter Woche zwischen den kurdischen Polizeikräften Asayish und den Nationalen Verteidigungseinheiten des Regimes (NDF) ausgebrochen. Auch die kurdische Volksverteidigungsarmee YPG unterstützt inzwischen die Asayish. Gemeinsam konnten sie bereits Gebiete erobern, die bislang von der NDF kontrolliert wurden.

Was ist die NDF?

Um die geschwächte Syrische Armee zu unterstützen hat das Assad-Regime seit Ende 2012 loyale Gruppen bewaffnet, die sogenannten Nationalen Verteidigungseinheiten (NDF). Oft handelt es sich hierbei um bereits bestehende Klans bzw. Gangs. So wurden etwa die berüchtigten Shabiha-Milizen in die NDF reorganisiert. Im Hasakah setzt sich die NDF vor allem aus dem Klan der Tayy zusammen, die schon bei der Niederschlagung des kurdischen Protestes im Jahre 2004 in Qamishli eine unrühmliche Rolle spielten.

Was macht die syrische Armee?

Die Armee hat anfänglich versucht durch Luftschläge gegen Stellungen der Asayish und YPG die NDF zu unterstützen. Zum ersten Mal seit Beginn des Aufstandes hat damit das Assad Regime die Luftwaffe gegen die Kurden eingesetzt. Seit Samstag hat sie sich allerdings vor allem in die Armeestützpunkte vor der Stadt zurückgezogen und greift kaum mehr in die Kämpfe ein.

Wird es jetzt auch zum Krieg des Regimes gegen die Kurden kommen?

Eher unwarscheinlich. Seit Beginn des Aufstandes in Syrien 2011 gab es immer wieder bewaffnete Auseinandersetzung zwischen dem syrischen Regime und den kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ. Gleichzeitig wurde auch punktuell, wo es gemeinsame Interessen gab, kooperiert. Auch wenn das Erstarken der Kurden in Damaskus mit Argusaugen gesehen wird, hatte das syrische Regime bislang kein Interesse daran, eine weitere Front zu eröffnen. Die Tatsache, dass sich die syrische Armee in den Gefechten in Hasakah zurückhält, und nur die NDF kämpft, ist ein Indiz dafür, dass es wohl bei dieser Linie bleiben wird.

Und was wollen die kurdischen Kämpfer?

Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen zwischen der NDF und den kurdischen Sicherheitskräften. Dementsprechend scheint das primäre Ziel der kurdischen Kämpfer in Hasakah vor allem die Zerschlagung bzw. Vertreibung der NDF-Einheiten zu sein. Es gab bislang kein Angriff auf die syrischen Armee bzw. den syrischen Sicherheitsapparat, so werden weder die Armeestützpunkte außerhalb der Stadt noch die Einrichtungen der Sicherheitsapparate in Hasakah angegriffen. Sollte es den Kurden gelingen den NDF aus Hasakah zu vertreiben, so würde dies in der Konsequenz allerdings auch eine massive Schwächung des Assad-Regimes in der Region bedeuten.

Werden die Kurden bei den Kämpfen von der USA unterstützt?

Nach den Luftangriffen der syrischen Armee in Hasakah hat auch die USA zum ersten Mal mit einem Lufteinsatz auf einen Angriff der syrischen Armee reagiert. Allerdings galt der Einsatz vor allem dem Schutz der US-Ausbilder die sich in Hasakah aufhielten und nicht als Unterstützung der kurdischen Kämpfer. Trotzdem zeigte der Einsatz der US-Luftwaffe, bei dem es zu keinen Kampfhandlungen kam, Wirkung. Seit der Abschreckung durch die Amerikaner hat das syrische Regime keine weiteren Angriffe geflogen.

In Hasakah unterstützt Adopt a Revolution das Fraternity Center for Human Rights, das öffentliche Diskussionen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Kampagnen zur Stärkung von Frauenrechten organisiert sowie Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Das und mehr leistet das Fraternity Center nicht nur in Hasakah, sondern auch in Kobani, Ras al-Ayn und Tirpespî.

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