IS & Assad: “The Same Thing” – AktivistInnen fordern Syrien-Narrativ heraus

Der selbsternannte “Islamische Staat” (auch bekannt unter dem arabischen Akronym Daesh/Da3sh) genießt seit geraumer Zeit die volle Aufmerksamkeit der internationalen Medien. Die öffentlich zur Schau gestellten und äußerst grausamen Verbrechen des IS – so etwa die mittelalterlich anmutenden Hinrichtungen – haben die Welt aufgewühlt und erschauern lassen. Jedoch findet der grausige Terror der radikalen Miliz […]

"Selfie" von Mouhammed Kamel. Quelle: Syria Untold
“Selfie” von Mouhammed Kamel. Quelle: Syria Untold

Der selbsternannte “Islamische Staat” (auch bekannt unter dem arabischen Akronym Daesh/Da3sh) genießt seit geraumer Zeit die volle Aufmerksamkeit der internationalen Medien. Die öffentlich zur Schau gestellten und äußerst grausamen Verbrechen des IS – so etwa die mittelalterlich anmutenden Hinrichtungen – haben die Welt aufgewühlt und erschauern lassen. Jedoch findet der grausige Terror der radikalen Miliz in Syrien einen ebenso grausamen Gegenspieler, dessen Taten medial allerdings in Vergessenheit geraten sind: das Regime Assad. Eine Kampagne namens Same Shit versucht nun, auf die Gemeinsamkeiten der Unterdrückung durch IS und syrisches Regime aufmerksam zu machen und so einen Mentalitätswandel im Umgang mit beiden Akteuren herbeizuführen.

Die Same Shit-Kampagne wurde von der syrischen Graswurzelbewegung Kesh Malek (dt. Schachmatt) ins Leben gerufen. Sie zielt darauf ab, die öffentliche Meinung im Westen zu beeinflussen, die angesichts des IS-Terrors darauf abzielt, zusammen mit Assad die Extremisten von IS zu bekämpfen. Zugrunde liegt die Annahme, Assad stelle das geringere Übel oder gar eine „säkulare“ oder „zivilisierte“ Alternative zu IS dar.

„Bedauernswerterweise werden dem Phänomen IS jeden Monat aufs Neue mehr Zeitungsberichte und wissenschaftliche Analysen gewidmet, als dies in bislang vier Jahren für die syrische Revolution der Fall gewesen ist“, betont einer der Organisatoren der Kampagne, „der IS-Terror wird hervorgehoben und von allen Seiten beleuchtet, während die Verbrechen des Regimes um Assad unbemerkt bleiben.“

Um auf genau diese Missstände des öffentlichen Diskurses hinzuweisen, haben sich die Organisatoren mit syrischen Künstlern, Autoren und Übersetzern zusammengeschlossen und die Kampagne am 21. Oktober 2014 öffentlichkeitswirksam gestartet. So werden auf den Facebook– und Twitter-Profilen der Kampagne Zeichnungen, Karikaturen und Statistiken veröffentlicht, die auf die Gemeinsamkeiten zwischen Assad und der radikalen Miliz hinweisen.

Offizielles Plakat der Same Shit-Kampagne
Offizielles Plakat der Same Shit-Kampagne

Zudem fordern die AktivistInnen syrische und arabische Communities im Westen dazu auf, an der Kampagne mitzuwirken. So sollen internationale Solidarität und Mitgefühl für die Bewegung hervorgerufen werden – ein Aspekt, an dem die Revolution bislang gescheitert ist.

Zur Finanzierung der Kampagne haben die Organisatoren Aufkleber und Poster entworfen, die von Interessierten erworben werden können. Ein Anteil des Erlöses soll außerdem genutzt werden, um ein Kulturzentrum nahe Aleppo zu eröffnen und dieses mit Büchern versorgen.

Doch auch die US-geführte Koalition gegen IS in Syrien und Irak bleibt nicht von Kritik durch die AktivistInnen verschont. Sie halten das Vorgehen der Koalition für unausgegoren und unzulänglich, da sie nicht die Wurzel des Konflikts angeht: „IS ist nicht aus dem Vakuum entstanden, sondern das Produkt der jahrzehntelangen Radikalisierung Syriens durch das syrische Regime. Um der Wurzel des Extremismus in der Region beizukommen, muss zunächst das syrische Regime beseitigt werden.“

Durch den provokanten Namen und die sarkastischen Inhalte will die Same Shit-Kampagne die selektive Berichterstattung über Syrien herausfordern, die – vorsichtig ausgedrückt – den Konflikt nur unzureichend abbildet: „Mehr als 200.000 Tote, mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist durch Assads staatlichen Terror zu Flüchtlingen geworden…. Die Welt muss an diese Tatsachen erinnert werden, damit sie diese nicht einfach vergisst!“

Weitere Zeichnungen und Karikaturen können hier auf der Website “Syria Untold” angeschaut werden.

Seitdem AktivistInnen nicht nur der Verfolgung durch das Regime, sondern auch durch die Extremisten des IS ausgeliefert sind, ist ihre Arbeit noch gefährlicher geworden. Adopt a Revolution bietet den AktivistInnen in dieser schwierigen Lage daher weiterhin finanzielle Unterstützung und Solidarität – helfen auch Sie mit einer Spende!

Die syrische Zivilgesellschaft gegen Diktatur und Gewalt unterstützen!

Dieser Beitrag erschien am 15. November 2014 in englischer Sprache auf der Website “Syria Untold“. Die hier vorliegende deutsche Übersetzung stammt von Adopt a Revolution.