Fragen an AktivistInnen zu Genf III: leise Hoffnung auf zivile Selbstverwaltung in Yarmouk

Abdallah, Aktivist, 26, Yarmouk Was erwartest Du von der dritten Verhandlungsrunde der Friedensgespräche in Genf? Was könnte im besten Falle erreicht werden? Ich bin überhaupt nicht optimistisch, was die Verhandlungen angeht. Der Verhandlungsprozess braucht vor allem dringend politische Pfeiler, die es im Genf-III-Prozess im Moment nicht gibt. Für mich ist es sehr deutlich: das syrische […]

Der Aktivist Abdallah von unser Partnerorganisation in Yarmouk
Der Aktivist Abdallah von unser Partnerorganisation in Yarmouk

Abdallah, Aktivist, 26, Yarmouk

Was erwartest Du von der dritten Verhandlungsrunde der Friedensgespräche in Genf? Was könnte im besten Falle erreicht werden?

Ich bin überhaupt nicht optimistisch, was die Verhandlungen angeht. Der Verhandlungsprozess braucht vor allem dringend politische Pfeiler, die es im Genf-III-Prozess im Moment nicht gibt. Für mich ist es sehr deutlich: das syrische Regime sucht nicht ernsthaft nach einer Lösung für die Krise in Syrien. Hinzu kommt, dass Russland und der Iran eine gerechte politische Lösung ablehnen und eine Scheinlösung bevorzugen, die den Erhalt des syrischen Regimes garantiert, und durch die sie weiterhin ihre Interessen in Syrien durchsetzen können.
Außerdem ist auch die internationale Gemeinschaft nicht ernsthaft bemüht, eine Lösung für die Krise zu finden. Es wird sehr schwer werden, unter diesen Bedingungen eine wirkliche Lösung herbeizuführen. Ich glaube jedoch, dass es einige Lösungen für die humanitären Problemfelder geben wird. Aber auch hier werden die Möglichkeiten, eine umfassende Lösung zu finden, sehr begrenzt sein.

Was muss am Dringendsten geschehen in Deiner Region?

Die Belagerung unserer Gegend muss komplett und endgültig aufgehoben werden.

Was werden die Gespräche in Deiner Region verändern? Inwiefern werden sie Einfluss auf das zivile Engagement in Syrien haben?

Vielleicht werden die Verhandlungen teilweise, und sicherlich nur begrenzt, Einfluss auf den Bereich der humanitären Hilfe und einen lokalen politischen Kompromiss in Süddamaskus haben. Letzteres würde bedeuten, dass die ISIS-Truppen vollständig aus Yarmouk nach Raqqa und die Nusra-Front nach Idlib abziehen. Oder aber, dass die Kämpfer der Nusra-Front hier in Süddamaskus strafrechtlich verfolgt würden. Sobald die bewaffneten Gruppen aus Yarmouk abgezogen sind, könnten die BewohnerInnen die Gegend selbstverwalten.

Wer sollte Syrien in den Friedensgesprächen repräsentieren?

Ich finde es gut, dass das Hohe Verhandlungskomitee (HNC) die Gespräche führen wird. Das Oppositionskomitee ist derzeit gut zusammengesetzt und gibt eine repräsentative Rolle ab. Das Problem ist nur, dass die Mehrheit der in ihm vertretenen Personen außerhalb Syriens leben. Es ist absolut notwendig, dass einflussreiche lokale Kräfte, die in Syrien leben, direkt an den Verhandlungen teilnehmen. Denn sie sind es, die die Lage in Syrien am besten einschätzen können und die Bedürfnisse der Menschen kennen.

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Das Interview führte unsere Mitarbeiterin Ansar.