Diplomatisches Gerangel, verspätete Bewaffnung der Opposition und Einsichten ehemaliger Geiseln- Netzschau vom 16. September

Das diplomatische Gerangel zwischen Washington und Moskau um etwaige Militärschläge gegen Damaskus bestimmte diese Woche die internationale Berichterstattung zu Syrien. Während die USA zunächst nur zögerlich auf das Angebot Russlands eingingen, dafür zu sorgen, dass Syriens Giftgasvorräte zerstört werden, preschte Putin mit einem detaillierten Plan voran, wie dies in den nächsten Wochen geschehen soll. Die […]

Das diplomatische Gerangel zwischen Washington und Moskau um etwaige Militärschläge gegen Damaskus bestimmte diese Woche die internationale Berichterstattung zu Syrien. Während die USA zunächst nur zögerlich auf das Angebot Russlands eingingen, dafür zu sorgen, dass Syriens Giftgasvorräte zerstört werden, preschte Putin mit einem detaillierten Plan voran, wie dies in den nächsten Wochen geschehen soll. Die UN und die EU unterstützen die Abrüstungspläne; ein amerikanischer Angriff auf Syrien scheint nun zunächst einmal auf Eis gelegt. Eine gute Übersicht der aktuellen diplomatischen Lage gibt die FAZ hier und hier. Eine informative Zusammenstellung der in Genf stattfindenden Verhandlungen, die von der UN moderiert werden, gibt die BBC.

Gleichzeitig berichtet die Webseite der Washington Post in einem detaillierten Artikel, dass der CIA nun begonnen hat, syrische Oppositionskämpfer mit leichten Waffen und Munition zu beliefern. Dies sei die Erfüllung schon lang gegebener Versprechen, sogenannte „lethal aid“ bereitzustellen.

Syrische Stimmen zu einem Militärschlag waren weiterhin gemischt. Die meisten syrischen Kommentatoren forderten die Welt zwar eindringlich dazu auf, Syrien nicht zu ignorieren, sondern mitzuhelfen, den Krieg und Assads Regierung zu beenden. Die Wahl der Mittel blieb jedoch unspezifisch. Yassin al-Haj Saleh schreibt in der New York Times, dass die Angst des Westen, dass Unterstützung in die Hände von Jihadisten gelangen könnte, fehlgeleitet ist. Die Annahme, dass ein Fall Assads zur Herrschaft solcher religiösen Kämpfer führen würde, ist falsch. Korrekt ist stattdessen, dass ein Verbleiben Assads zu einem Erstarken dieser Gruppen führen würde, da sie ihm viel mehr nützen als der Opposition.

Vom fehlgeschlagenen Versuch, seiner 90-jährigen syrischen Oma ein Besuchsvisum für Deutschland zu verschaffen, berichtet Adopt a Revolution’s Zuher Jazmati in der Frankfurter Rundschau. Die deutschen Behörden lehnten den Antrag ab, mit dem Hinweis, dass es nicht glaubhaft sei, dass die 90-jährige nur zu Besuch nach Deutschland kommen wollte. Das Interview gibt einen sehr guten, persönlichen Eindruck von den bürokratischen Hürden, die das täglich Brot von syrischen Flüchtlingen sind. In amerikanischen Magazin The Nation berichtet Max Blumenthal aus dem Al-Zaatari Flüchtlingscamp in Jordanien, dass viele Flüchtlinge einen Militärschlag gutheißen; sie erhoffen sich ein Ende der Gewalt Assads und eine Rückkehr nach Hause. Die humanitäre Lage im Camp ist weiterhin entsetzlich.

Im Spiegel erschien ein Bericht über einen italienischen Journalisten, der von einer bewaffneten Gruppen festgehalten wurde und nun wieder in Freiheit ist. In letzter Zeit mehren sich solche Berichte über freigekommene, ausländische Geiseln; sie geben oft interessante Einsichten über die allgemeine Gemengelage in Syrien und ueber die zerfaserte Situation der bewaffneten Oppositionsgruppen. Über die unbewaffnete Opposition, die in den Nachrichten generell viel zu kurz kommt, wurde auf Aljazeera America berichtet. Zivile Widerstandsorganisationen leisten weiterhin unabdingliche politische und organisatorische Arbeit, um die syrische Gesellschaft zu erhalten.

Wieder landeten syrische Raketen im libanesischen Bekaa Tal, das seit Wochen immer wieder Angriffsziel ist, und verletzten ein halbes Dutzend Personen. Das Bekaa Tal gilt als Hizbollah Gebiet, und seit dem Hizbollah Assad offen im Kampf unterstuetzt, wird es immer wieder von Syrien aus beschossen. Weitere libanesische Grenzgebiete im Norden wurden diese Woche durch Kämpfe auf der syrischen Seite in Mitleidenschaft gezogen; die Bewohner mehrerer kleineren Libanesischen Grenzstädte mussten vor Bombardement fliehen.

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