Protest in Algerien

Algerien und Sudan: Die Kraft sozialer Bewegungen

In kurzer Zeit haben sowohl Algerien als auch der Sudan ihre Diktatoren abgeschüttelt. Aber selbst wenn eine demokratische Zukunft der beiden Staaten deshalb keineswegs gesichert ist, zeigt sich darin die Kraft sozialer Bewegungen. Die Entmachtung der beiden Gewaltherrscher ist trotz allem ein großer Schritt.

Protest in Algerien

Für Syrien wäre – im Nachhinein betrachtet – dieses Szenario sicherlich um ein Vielfaches besser gewesen als die tatsächlich Entwicklung: Nach wochenlangen zivilen Protesten, die eine Ablösung der Diktatur fordern, tritt der Machthaber ab. Es folgt die Ankündigung einer Übergangsregierung, die Wahlen vorbereitet – wie frei diese auch immer sein mögen, sie sorgen für eine Veränderung der Machtstrukturen. Und selbst wenn das Regime nicht vollständig abgelöst wird, erreichen die Proteste, dass auf einmal ganz andere Zukunftsvisionen möglich scheinen.

Nun hat im Sudan lediglich das Militär die Macht übernommen und ringt noch immer mit der zivilen Opposition darum, wie die künftige Regierung aussehen soll. Die sundanesische Gewerkschaft SPA, die viele der Protestaktionen initiiert und unterstützt hat, will weiter protestieren, bis das mächtige Militär ein ziviles Staatsoberhaupt zulässt. Es ist derzeit nicht ausgemacht, ob sich hier lediglich das ägyptische Szenario wiederholt, bei dem das Militär die Macht übernimmt und einfach den nächsten „starken Mann“ installiert.

Auch in Algerien ist bisher völlig unklar, wie es jetzt weitergeht. Abd al-Aziz Bouteflika ist zurückgetreten, an seine Stelle sein enger Weggefährte Abdelkader Bensalah getreten. Entsprechend kritisieren DemonstrantInnen, dass zwar Wahlen für Anfang Juli vorgesehen sind, aber Wahlen innerhalb des bestehenden Systems könnten weder frei noch fair sein – und entsprechend halten auch hier die Proteste an. Richtig so. Denn das Ersetzen eines Diktators führt keineswegs zu einem demokratischen Staatswesen. Hierfür müssten viele weitere Schritte folgen, und genau diese fordern die Protestierenden in Algier und Khartoum ein.

Im Übrigen hatten die Menschen zu Beginn des Aufstands in Syrien zunächst darauf gesetzt, dass ihr relativ junger Präsident Reformen durchsetzt. Nicht mehr wurde anfänglich gefordert. Hätte sich Assad im Frühjahr 2011 an die Umsetzung dieser Forderungen gemacht, wäre ihm die Unterstützung vieler Demonstrierender sicher gewesen. Doch Assad wollte keinen Umbau des syrischen Regimes durchsetzen. Stattdessen setzte er auf Gewalt und zerstörte damit letztlich Syrien und die syrische Gesellschaft.

Die DemonstrantInnen in Algerien und Sudan haben noch einen weiten Weg vor sich, um ihre Länder grundlegend zu verändern – aber immerhin können sie ihren bisherigen Machthabern dankbar sein, dass diese nicht auf die Strategie Assads gesetzt haben, obwohl dieser bewiesen hat, dass man noch mit jedem Gräuel durchkommen kann.